Pathologie-Monat

In diesem Post geht es auch um den Tod und tote Menschen.

Mein 4. Wahlstudienjahr-Monat habe ich in der Pathologie verbracht. Die medizinisch inklinierte Person weiss, dass diese nicht mit der Rechtsmedizin zu verwechseln ist. Dieser Weg einer Leiche scheidet sich beim Kreuz “natürlicher Tod” oder “agT – aussergewöhnlicher Todesfall” und alles, was aussergewöhnlich ist, landet in einem anderen Autopsiesaal.
Interessanterweise verbringt man in der Pathologie weniger Zeit am Schreibtisch, als in der Inneren Medizin (Notfall ausgenommen).

Die Pathologen sind der Krankheit auf der Spur, sei das bei lebenden oder toten Menschen. Der Grossteil der Zeit ist den lebenden Menschen gewidmet. Alles was die Chirurgen, Dermatologen und Mediziner schicken wird in Formalin fixiert, zugeschnitten, eingebettet und gefärbt, damit man sich die interessanten Stellen unter dem Mikroskop anschauen kann. Zwischendurch gibt es einen Schnellschnitt, bei dem die Chirurgin im OP wartet, ob alles bösartige rausgeschnitten ist.
Natürlich dauert das Fixieren, Zuschneiden, Färben und Beurteilen eine Weile (2-3 Tage in der Regel). Denkt daran, wenn ihr mal auf einen pathologischen Bericht wartet 😉
Noch länger dauern die Berichte einer Autopsie. Als Vertröstung gibt es gleich nach der Autopsie jeweils eine Demo für die Kliniker, wobei auch die Patholog*innen dabei nicht immer die Todesursache nennen können. Dafür muss das Gewebe meistens auch mikroskopisch untersucht werden.

Die Autopsien fand ich besonders interessant, wenn auch irgendwie absurd, dass ein Mensch in einem Moment noch ganz ist, nach zwei Stunden mit hohlem Oberkörper auf dem Metall liegt und die Organe säuberlich aufgeschnitten und untersucht auf einem anderen Tisch. Es ist anders als das Sezieren im Sektionssaal. Es ist schneller, klarer, weniger darstellend – und die Arbeit direkt am Menschen machen Präparator*innen, die Assistenzärzt*innen präparieren die verschiedenen Organpakete, um die Todesursache zu finden. Oft findet sich etwas anderes als das was die Kliniker vermuten oder andere Dinge als sie diagnostiziert haben. Autopsien sind deshalb wichtig für die Weiterentwicklung der Medizin, sie sind eine Kontrollinstanz der klinischen Diagnostik, zeigen uns die Häufigkeit von unentdeckten Krankheiten. Alles wird gewogen und aufgeschrieben, also lernen wir auch mehr über das “normal” der Menschen, wenn auch tendentiell in den höheren Altersklassen.

Die Molekular-Pathologie und Big Data sind die Kontrollinstanz der Histologischen Pathologie. Über Jahre waren Pathologen die Ärzt*innen der Ärzt*innen. Nun werden sie korrigiert. Es scheint als würden viele Zellen oder Tumoren, die einander ähnlich sehen, wohl doch etwas anderes zu sein als ihr Bild. Die Pathologie ist demnach ein sehr klassisches Fach mit den Autopsien, einer der Grundlagen der Medizin, und ein Fach im Umbruch mit neuen wissenschaftlichen Schritten mithilfe der DNA und Computern.

So oder so habe ich die Zeit in der Pathologie genossen, auch wenn es nicht mein Fach ist. Bisher hab ich noch nie in einem so sozialen und rücksichtsvollen Team gearbeitet, dass ehrlich ist zueinander, sich den Rücken stärkt aber dauernd konstruktive Rückmeldungen gibt. Ich glaube wenn mir der Patientenkontakt nicht so wichtig wäre, hätte ich mich dort beworben.

Von Bluterguss bis Exitus – Florian Teeg

tl;dr: Ist es das deutsche House of God? Nein!

Buchcover

Klappentext Bleiben Sie ruhig, ich werde Arzt. Gestern noch an der Uni, heute allein vor einem Patienten, der vor Schmerz halb ohnmächtig ist. Und man hat keine Ahnung, was ihm helfen könnte: Wie ist das, wenn man ein halbes Blutbad anrichtet und dann plötzlich der Chefarzt ins Zimmer platzt? Oder wenn man einem Patienten sagen muss, das er eine tödliche Krankheit hat? Sehr ehrlich, selbstkritisch, aber auch höchst komisch berichtet Florian Teeg von seinem ersten Jahr an der Klinik: von störrischen Patienten, Fehldiagnosen und ihren Folgen, Flirts im Schwesternzimmer und den Grenzen der Medizin.

Meinung Laut Goodreads war ich im Dezember 2014 in der Mitte des Buches. Dass ich bis jetzt gebraucht habe, um es zu beenden, sagt einiges. Immerhin ist es medizinische Lektüre für die Freizeit. Eigentlich mag ich sowas. Leider scheint der Autor an Apex homo albus angekommen zu sein, mit seinem Ego, wenn man ihn in seinem Humor beschreiben will. Ganz nach dem Motto, sieht er die Pflege meist als inkompetent. Ausser er hat ein sexuelles Interesse. Wenn er eine “dicke Schwester”, und ja, das schien durchaus abwertend gemeint, aus Versehen dann doch Kompetenz zuspricht, nimmt er das selbstverständlich einige Seiten später wieder zurück. Allgemein haben alle ausser ihm sehr offensichtliche Fehler. Wenn er Fehler macht, beginnt manchmal eine Selbstreflexion aber die endet nach einem Satz, ohne zu einem Schluss zu kommen. Wie zum Beispiel, als er eine der “Schwestern” stalkt, bis sie ihm unter Tränen eröffnet, dass sie gekündigt hat, weil sie es nicht mehr aushielt. Er selbst wurde auch von einer Frau verfolgt, von der er eigentlich nichts wollte. Eine Parallele, dass er vielleicht ebenso unangenehm und uneinsichtig war, wie seine Stalkerin, brachte er nicht hin.
Wie gesagt, von “Schwestern” hält er nicht viel:
Zwischenzeitlich hatte ich fast das Gefühl gehabt, dass sie Spass daran hatten, mal etwas Spannenderes zu machen, als immer nur Popos abzuwischen und Tabletten auszuteilen.
Das A und O der Patientenkommunikation schien auch noch nicht angekommen zu sein, als er abschloss:
Um den Patienten zu beruhigen, benutzte ich das kumpelhafte “Wir”. […] Vielleicht war es auch ein Pluralis Majestatis.
So realistisch wie der Klinikalltag dargestellt sein mag und wie gut der Herr die medizinischen Sachen auch für Laien erklärt, ich würde Ihn, zumindest als Assistenzarzt, nicht als meinen Arzt wollen. Vielleicht hat er auf seinem Weg zum Facharzt ja noch etwas Empathie und gesunde Selbstkritik gelernt. Lustig fand ich das Buch jedenfalls selten und bei seiner Sicht auf Patienten und Frauen wollte ich teilweise fast kotzen. Zu dem Punkt auch folgendes Beispiel:
Das […] sei mit ein Grund für den Ärztemangel: Eigentlich gibt es mehr Ärzte als je zuvor. Da diese jedoch zunehmend weiblich sind und neben der Arbeit noch andere Dinge im Kopf haben, sinkt die effektive Arbeitszeit der Mediziner.
“effektiv” meint er wohl das Total. Ob ein*e Ärzt*in nach 24 Stunden Dienst allerdings tatsächlich noch “effektiv” ist, behaupte ich sehr zu bezweifeln. Es wirkt fast so als würde er nicht viel davon halten, dass Frauen den Arztberuf wählen.
Bezüglich Patienten und deren Angehörigen scheint er eine eher undifferenzierte Meinung zu haben, was Suchterkrankungen angeht. Ja es wirkt fast so, als könnte er nicht sehen, dass Menschen mit Suchterkrankungen mehr sind als ihre Sucht und vielleicht auch mal nicht gesoffen haben. Ich behaupte mal er würde aber auch nicht verstehen, wenn seine Partnerin in verliesse, wenn er in einem Burnout anfangen würde irgendwelche Drogen zu konsumieren.
Vielleicht hatten die Schwestern ja recht. Schliesslich waren sie mit dem Schmerz der Angehörigen besser vertraut und reagierten oft einfühlsamer auf deren Ängste als wir Ärzte, die wir häufig nur die medizinische Seite sahen. Auch wenn ich nicht verstehen konnte, wie man einem Leben an der Seite eines üblen Trunkenbolds auch noch hinterhertrauern konnte.

Ich jedenfalls trauere diesem üblen Buch nicht hinterher.

/5

Vielleicht ist alles aus – aber ich glaube nicht

Momentan habe ich schlicht unheimlich Angst. Es ist meine letzte Chance das Herbstsemester des 2. Jahres zu bestehen. Die Angst hilft nicht gerade beim Lernen und mein Körper auch nicht (Hallo Kopfschmerzen!). Ruhig sitzen, wenn ich mich bewegen möchte ist gnah, aber die Energie reicht nicht um wirklich Sport zu machen. Und selbst wenn, keine Energie um raus zu gehen und mit/um andere Menschen zu trainieren, weil die Selbstzweifel eh schon hoch sind.
Grundsätzlich einfach gnah. Ich schäme mich schon mal im voraus dafür, falls ich durchfallen werde, sehe schon, wie ich mich vom Blaulicht Twitter zurück ziehe. Plan B wäre Rettungssanitäterin, aber ich weiss nicht, ob a) ich dort zu sehr nach “nicht gut genug fürs Medizinstudium aber übermotiviert hier” rüber kommen würde und b) ob es mir nicht zu sehr weh tun würde.
Mein Kopf ist quasi überall ausser bei der Biochemie und verschiedenen Einflüssen der Endokrinologie.
Sogar jetzt beim Schreiben jetzt eindeutige Angst-Symptome.
Angst grenzt sich übrigens von Furcht ab, dass sie ungerichtet ist. In meinem Fall wäre es wohl eine existentielle Angst.

http://www.markstivers.com/wordpress/?p=2256
http://www.markstivers.com/wordpress/?p=2256

Aber grundsätzlich weiss ich, dass ich das Potential habe, diese Prüfung zu schaffen – und die nächste. Und natürlich flüstert mir mein Hirn zu, dass das naiv und eingebildet klingt. Aber ich glaube das ist es nicht.
Also – durchatmen und weiter lernen. Egal was genau, alles was geht ist gut.

Herbstsemester ’16

Es wird ein sorgenvolles, herausforderndes, ermüdendes Semester.
Fängt damit an, dass ich mich für eine Klassenzusammenkunft angemeldet habe. Als hätte ich nicht genug Mühe damit, dass ich das Jahr wiederholen muss, nein ich musste auch noch ne Klassenzusammenkunft drauf pappen. Wenn ich denn gehe…
Ausserdem habe ich mir vorgenommen Rabenhirn weiter zu schreiben, #Nanowrimo diesmal durch zu ziehen – oder zumindest weiter zu kommen. Vor Jahren habe ich dabei die tolle Livsglaedjen kennen gelernt. Ich wünschte ich hätte Anna und sie diesen Sommer besuchen können, aber es scheint als würde das nix.

Dieses Semester beinhaltet 140 Vorlesungsstunden zu Anatomie, Physiologie, Biochemie und Psychologie. Inklusive der Vorlesung zu Essenstörungen, die mich letztes Jahr so aufgeregt hatte. “Anorexie wird bei BMI Biochemie ist auch nicht mein Liebling – zumindest nicht auf der Detail-Ebene. Aber wer weiss, ich habe diesmal schon jetzt alle Lernziele aufgeschrieben und versuche mit der Hogwarts United mittels Habitica dran zu bleiben. Es ist egal wie wenig ich mache, aber es sollte täglich etwas sein. Ich glaube Motivation kann ich vergessen, Gewohnheit ist der Weg zum Ziel.

Für mich Chaotin nicht der einfachste Weg, aber wohl der sinnvollste. Ich danke Hermione Rescue auf jeden Fall für ihre ganze #Prokrastinationsscheisse. So ohne Lerngruppe ist das definitiv hilfreich, gerade um die Gewohnheit von Twitter mit der des Lernens zu koppeln.

Das schlimmste aber ist, dass meine Kredits verfallen werden, falls ich dieses Jahr nicht bestehe. Das fühlt zu viel Scham und viel Gedankentornado. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass das eher kontraproduktiv ist beim lernen. Insbesondere wenn Kollegen aus dem Studium immer weiter kommen. Es ist dann jeweils eine komische Mischung aus Scham, Neid und Freude für sie, wenn man sie trifft. Es gibt aber nichts anderes. Augen auf (zu bringt ja nix, wie soll ich sonst lernen) und durch heisst es wohl.